Sammlung Gustav Stüve

Dauerausstellung

Der Sammler

"Meine Gemäldesammlung [...] war Gegenstand meiner besonderen Vorliebe und sorgsamen Pflege und sollte zufolge eines stets gehegten Wunsches nach meinem Tode dem Museum meiner Vaterstadt zufallen."
(Testament Gustav Stüves, Nachtrag vom 5. Oktober 1910)

Carl Wilhelm Gustav Stüve (1833 bis 1911) stammt aus einer traditionsreichen Osnabrücker Bürgerfamilie. Anders als mehrere seiner Vorfahren wurde er nicht Bürgermeister der Stadt, sondern wählte eine Laufbahn innnerhalb der hannoverschen und der preußischen Ministerialbürokratie. Sein beruflicher Werdegang führte ihn über Hannover nach Berlin, wo er unter anderem das Kaiserliche Patentamt leitete. Mit der Ernennung zum Osnabrücker Regierungspräsidenten am 19. Dezember 1887 kehrte Stüve in seine Geburtsstadt zurück, wo er bis 1900 wirkte.

Gustav Stüves Leben war von Beginn an geprägt durch Kunst. Aufgewachsen mit den zahlreichen Gemälden der Sammlung der Familie in der Krahnstraße 25, entwickelte er das einmal geweckte Kunstinteresse weiter, unternahm Bildungsreisen, begegnete Fachleuten und erwarb sich so ein umfassendes Fachwissen.

Seinen Erbteil an der Familiensammlung (38 Bilder) erweiterte Stüve auf zuletzt 70 Gemälde. Als zentral erwiesen sich dabei seine Berliner Jahre (1868 bis 1887). In Berlin pflegte er intensiven Kontakt zu Wilhelm von Bode (1845 bis 1929), einem der maßgebenden Kunsthistoriker, und wurde Teil der diesen umgebenden Kunstszene. Bode selbst vermittelte Stüve mehrere Gemälde, kaufte in dessen Auftrag Bilder und überließ ihm Stücke der eigenen Sammlung.

Die als Privatsammler erworbenen Kenntnisse nutzte Stüve bei der Weiterentwicklung des Osnabrücker Museums, dem er seit 1888 als Vorsitzender des Museumsvereins wichtige Impulse verlieh. Ansporn dafür waren nicht zuletzt Äußerungen wie die des Direktors der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark (1852 bis 1914), der nach seinem Besuch des 1890 errichteten Osnabrücker Museumsgebäudes meinte, man habe viel Geld dafür ausgegeben, "um einigen schlechten Bildern, einigen zweifelhaften alten Tellern und Truhen Unterkunft zu geben".

Den Anspielungen auf eine fehlende attraktive Kunstsammlung begegnete Stüve schon von Berlin aus, indem er mithalf, Leihgaben aus den preußischen Gemäldesammlungen nach Osnabrück zu holen. Für die entscheidende Weichenstellung sorgte er schließlich, als er seine Privatkollektion stiftete.

 

Literaturtipps - Sammlung Gustav Stüve

  • Heese, Thorsten: "Gegenstand meiner besonderen Vorliebe". Die Gemälde der "Sammlung Gustav Stüve" im Kulturgeschichtlichen Museum Osnabrück (Osnabrücker Kulturdenkmäler; 15), Osnabrück-Bramsche 2013
  • Hildegard Kayser: Niederländische und flämische Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts, Osnabrück 1983

(Pressetext der Stadt Osnabrück)

Die Sammlung

Eine wechselvolle Geschichte

Die "Sammlung Gustav Stüve" ist Teil einer größeren Gemäldekollektion, zu der Johann Christoph Wöbeking (1680-1770), Leibarzt des Osnabrücker Fürsten und Bischofs, den Grundstein legte.

Seine Kinder - die mit Kanzleirat Eberhard Berghoff (1720-1780) verheiratete Anna Sophie (1727-1795) und Stadtrichter Ernst Georg (1729-1797) - führten in der Krahnstraße 25 einen gemeinsamen Hausstand, was vermutlich eine frühe Teilung des elterlichen Erbes verhinderte. Die von beiden Seiten auf nahezu 240 Gemälde erweiterte Sammlung erbten die beiden Berghoff-Töchter. Die Bilder wurden geteilt und teilweise verkauft.

Durch die Heirat von Margarete Agnes Berghoff (1756-1826) mit Bürgermeister Heinrich David Stüve (1757-1813) gelangte der größere Erbteil in die Familie Stüve. Zwei von drei Söhnen - Bürgermeister Johann Carl Bertram (1798-1872) und Gymnasialdirektor August (1794-1871) - pflegten die von den Eltern übernommene Sammlung weiter. Von Augusts Witwe Leopoldine Friederike Meyer (1800-1878), einer Enkelin der Berghoffs, erbten wiederum die drei Söhne Carl (1826-1905), Rudolf (1828-1896) und Gustav (1833-1911). Die 136 Gemälde wurden 1879 nach der Aufgabe des Stammsitzes in der Krahnstraße 25 aufgeteilt beziehungsweise verkauft.

Trotz dieser 250-jährigen wechselvollen Geschichte hat die "Sammlung Gustav Stüve" als Teil der historischen Sammlung "Wöbeking / Berghoff / Meyer / Stüve" einen Grad an Geschlossenheit bewahren können, der heute nahezu einmalig ist. Die Sammlung repräsentiert insbesondere niederländische und flämische Künstler des 16. und 17. Jahrhunderts.

  • Jan Asselyn (Diepen/Amsterdam 1610 - 1652 Amsterdam);
  • Jan Dirksz Both (Utrecht um 1618 - 1652 Utrecht);
  • Joos van Craesbeeck (Neerlinter um 1606 - 1654/55 Brüssel);
  • Jan van Goyen (Leiden 1596 - 1656 Haag);
  • Jan van Haensbergen (Utrecht 1642 - 1705 Haag);
  • Joos de Momper II d.J. (Antwerpen 1564 - 1635 Antwerpen);
  • Isaak de Moucheron (Amsterdam 1667 - 1744 Amsterdam);
  • Dirck de Quade van Ravensteyn (Niederlande 16.Jh. - nach 1619);
  • Roelant Savery (Kortrijk 1576 - 1639 Utrecht);
  • Gerard Ter Borch (Zwolle 1617 - 1681 Deventer);
  • Jacob Toorenvliet (Leiden 1635/36 - 1719 Leiden);
  • Moyses van Uyttenbroeck (Haag vor 1600 - 1647 Haag);
  • Lodevijk de Vadder (Brüssel 1605 - 1655 Brüssel);
  • François Verwilt (Rotterdam um 1620 - 1691 Rotterdam) und andere

Darüber hinaus bezeugen weitere repräsentative Einzelstücke das Interesse das Interesse für die italienische Malerei und das Schaffen deutscher Künstler des 18. und 19. Jahrhunderts.

  • Giovanni Busi de Cariani (Venedig 1485/90 - um 1548 Venedig);
  • Art Salvatore Rosa (Arinelle 1615 - 1673 Rom);
  • August Querfurth (Wolfenbüttel 1696 - 1761 Wien);
  • Christian Stöcklein (Genf 1741 - 1795 Frankfurt/Main);
  • Andreas Achenbach (Kassel 1815 - 1910 Düsseldorf);
  • Christian Morgenstern (Hamburg 1805 - 1867 München) und andere

(Pressetext der Stadt Osnabrück)

Unterschiedliche Präsentationen

Seit 1912 wurde die "Sammlung Gustav Stüve" auf unterschiedliche Art und Weise präsentiert. Bis 1931 hing sie weitgehend geschlossen aber gedrängt in einem Raum im Obergeschoss des Museums. Die größeren Stücke wurden in anderen Räumen ausgestellt. 1931 zog die Gemäldesammlung des Museums in einige größere Räume des Osnabrücker Schlosses, wo die Stüve-Bilder erstmals vollständig und systematisch ausgestellt werden konnten.

Gemäß den Kategorien der nationalsozialistischen Ideologie war die Sammlung aufgrund ihres hohen Anteils niederländischer und flämischer Meister weniger interessant. Zwar konnten die als "stammverwandt" eingestuften Künstler mit den Forderungen der nationalsozialistischen Kulturpolitik noch indirekt in Einklang gebracht werden. Die "heimische Kunst" hatte jedoch Vorrang, weshalb die Bilder 1937 in den Oberlichtsaal des "Altbaus" zurückgeführt wurden.

Nach der kriegsbedingten Auslagerung und reduziert durch Kriegs- und Nachkriegsverluste, wurde die Sammlung seit 1948 wieder im Obergeschoss des Kulturgeschichtlichen Museums Osnabrück gezeigt, als integraler Bestandteil der Gemäldegalerie.

Mit der neuen Präsentation wird die wertvolle "Sammlung Gustav Stüve" erstmals vor dem Hintergrund ihrer Entstehungsgeschichte gezeigt. Sie ist Resultat einer 250-jährigen Geschichte bürgerlichen Kunstsammelns. An ihrem Beispiel wird deutlich, wie sich das Bürgertum am Kulturverständnis des Adels orientierte, um daraus eigene Kulturformen zu entwickeln.

Erstmals werden auch bisher ungenutzte Potentiale der "Sammlung Gustav Stüve" in die Dauerausstellung integriert. Der Gemäldebestand bietet die in der Museumslandschaft seltene wenn nicht einmalige Möglichkeit, die historische Hängung bürgerlicher Privatsammlungen in Einzelbereichen nahezu vollständig zu rekonstruieren. Die Ausstellung dokumentiert die Entwicklung der Präsentationsform von der Galerie-Hängung des 18. Jahrhunderts (am Beispiel Krahnstraße 25) hin zu der vom Bode-Umfeld inspirierten "modernen" Hängung, wie sie Gustav Stüve um 1900 praktizierte (Beispiel Bergstraße).

Im Mittelpunkt der Präsentation steht schließlich die Person des bürgerlichen Sammlers. Gustav Stüve repräsentiert ein kunst- und kulturbeflissenes Bürgertum, das durch sein Engagement die Etablierung des bürgerlichen Museums im 19. Jahrhundert beförderte. Stüve ist dabei Bindeglied zwischen privatem Sammeln und musealer Institutionalisierung. Für letztere steht er als engagierter Vorsitzender des Museumsvereins sowie als Stifter.

(Pressetext der Stadt Osnabrück)

Die Werkgespräche

Regelmäßig finden Vorträge in der Vortragsreihe Werkgespräche in der Sammlung Gustav Stüve statt.

Weitere Informationen und aktuelle Termine finden Sie: Hier

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