Kunst auf der Baustelle

Ruhr Nachrichten - Kultur vom 10.6.2010 von Peter Sauer

MÜNSTER - An der Friedrich-Ebert-Straße 113 baut das Architekturbüro Lethmate die Räumlichkeiten eines ehemaligen Stuhlgroßhandels in ein Loft um. Doch noch einen Tag lang haben die Bauarbeiter Pause. Im Rohbau wird auf vier Etagen junge Kunst gezeigt.

Unter dem Titel "Loft 113". Zwischen nackten Ziegeln, offenen Leitungen und rauen Betonböden präsentieren 26 Studenten der Kunstakademie Münster ihre Arbeiten.

Ob Malereien, Skulpturen, Fotografien oder Installationen: in dieser Umgebung entfalten die Werke eine noch größere Wirkung als in einer aufgeräumten Galerie. Kunst im spannenden Dialog mit einem Rohbau. Allerdings sollte man für den Rundgang auf der Baustelle robustes Schuhwerk anziehen. Dafür wird man mit einer Fernsicht über Münsters Güterbahnhof hinweg bis zum Kanal belohnt.

Im Halteverbot

Anfang und Ende des Rundgangs bestreiten Moritz Neuhoff und Sefan Wiesnau. Im Eingangsbereich und im 4. Obergeschoss hauchen sie ausgedienten Werbe- und Wahlplakaten neues Leben ein. Rotweißes Absperrband warnt nicht nur vor unverputzten Leitungen, sondern auch vor dem Sexappeal der Frauenporträts von Isabelle von Schilcher. Nebenan sorgen Spiegel und raffinierte Glasfronten für ein spannendes Spiel mit Formen, Figuren und Perspektiven. Ein schlichtes Halteverbotsschild (Robin Ortgies) scheint die lebensgroßen Skulptur "Der falsche Mann" von Christoph Krümpel in Schach zu halten. Bettina Marx entwirft florale Landschaften: mal dunkel, mal heiter. Im fahlen Licht der Baustelle hinterlassen die Blau-Grau-Porträts von Julia Drahmann einen besonders starken Eindruck.

Jana Kiewit öffnet mit ihren bunt-getupften Bildern direkt neben der Etagentür zum 3. Obergeschoss imaginäre Fenster. Andreas Flügel integriert im 4. Obergeschoss seine Straßenbilder so geschickt in die grauen Wände, dass die Grenzen zur realen Außenwelt verschwimmen.

Diese Allianz aus Baustelle und Kunstschau macht Spaß. Wiederholung erwünscht.