Osnabrücker machen aus leer stehendem Gebäude begehbares Kunstobjekt
Efeu Ausstellung
Von Tom Bullmann Osnabrück im Feuilleton der Neue Osnabrücker Zeitung vom 7.7.2011
Ein abrissreifer Gebäudekomplex wird zum begehbaren Kunstobjekt: Die Mitglieder der Osnabrücker Nartur Kunstgruppe ließen sich dreieinhalb Wochen vom Zerfall einer ehemaligen Blumenhandlung in der Martinistraße inspirieren und präsentieren ab Donnerstag unter dem Titel "Efeu" die Ergebnisse ihrer Arbeit.
"Efeu ist eine Pflanze, die urbane Brachen schnell vereinnahmt und überwuchert", erklärt
, Mitglied der Nartur Kunstgruppe, den Titel der Ausstellung. Die Grünpflanze steht sinnbildlich für die wild wuchernde Kunst, die er und seine Kollegen innerhalb kürzester Zeit in den Räumlichkeiten und auf dem Hofareal installierten. Schutt, Sperrmüll und jede Menge Unkraut im Außenbereich wurden von den vier jungen Künstlern entfernt und durch aufreibende kreative Positionen ersetzt.Ein transparentes, von innen beleuchtetes Objekt durchzieht, komplett mit Malereien und Graffiti im Street-Art-Stil überzogen, wie ein Lichtstrahl die Verkaufsräume des ehemaligen Blumenmarktes. Begehbare Köpfe, humanoide Bierautomaten, eine Videoinstallation zur Verwandlung von Salz- in Süßwasser, ein rätselhaftes, in beunruhigendes grünes Licht getauchtes Chemie-Labor und ein überdimensionales Stück Sahnetorte im Keller sind nur einige der vitalen Kreationen, die Momo, Kola, Peng und Leimk – so die Künstlernamen – mithilfe von Farbe, Holz, Folie und Papier schufen. Auf dem einst überwucherten Innenhof, der jetzt in patchworkartiger Popfarbenpracht erstrahlt, befindet sich gar ein farblich gestaltetes Automobil. So wird die Straße, das städtische Habitat zum Atelier, zur Galerie, zum temporären Museum.
"Ich wollte als Projektarbeit unbedingt eine Kunstaktion initiieren und organisieren", erklärt Benjamin Strehl, der zurzeit sein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) beim Landschaftsverband Osnabrücker Land e.V. absolviert. Animiert vom Kunstunterricht am EMA-Gymnasium, in dem der Lehrer diverse Beispiele für Kunst im öffentlichen Raum, unter anderem von der Kunstgruppe Nartur, präsentiert hatte, nahm er Kontakt zu Bischof und seinen Co-Aktivisten Moritz Neuhoff, Stefan Wiesnau und Nils Leimkühler auf. Ein Objekt, in dem die Gruppe ungestört arbeiten konnte, wie sie es schon in anderen Fällen gemacht hat, war schnell gefunden: Der Blumenmarkt stand seit über einem Jahr leer. Nach intensiver Recherche wurde Strehl des Eigentümers habhaft, dessen Firma SAREV für "Revitalisierung von Immobilien" steht. Dieses Stichwort passt zu den Aktivitäten der Kunstgruppe besser noch als zu dessen Plan, den Gebäudekomplex demnächst abzureißen. Ein temporärer Nutzungsvertrag und die entsprechenden Versicherungen wurden abgeschlossen, und die Arbeit konnte beginnen.