Fotografien treffen auf Ölbilder

Stephan Kaluzas jüngstes Projekt in der GALERIE schwarz | weiss

Von Tom Bullmann im Feuilleton der Neue Osnabrücker Zeitung vom 1.9.2011

 

Osnabrück. Ein Künstler, der sich bisher der Ölmalerei widmete, entdeckt die Fotografie: Stephan Kaluza, in Bad Iburg geborener und in Düsseldorf lebender Kunstschaffender, zeigt in der GALERIE schwarz | weiss zurzeit beides – reine Fotografie sowie Ölbilder, die sich auf fotografische Vorlagen beziehen.

Wenn man Stephan Kaluzas Bildfolge "Schwein sagt (Ein Dialog zu Schumann)" betrachtet, könnte man meinen, hier sei ein Theaterfotograf am Werk: Chronologisch verfolgt die Kamera ein Bühnengeschehen, in dem ein Protagonist sich aus einem bürgerlichen Ambiente mit Sofa und allegorischen Kulturversatzstücken loslöst und in ein Ringen um musikalische Inspiration begibt.

Nur: Während ein Theaterfotograf in der Regel abbildet, was ein Ensemble inszeniert, so agiert der Bildkünstler zugleich auch als Autor, Regisseur und Dramaturg. Kaluza hat das Bühnenstück für das Schumannfest 2010 in Düsseldorf kreiert. Während der Aufführung hielt er das Geschehen mit seiner Kamera fest – absichtlich nicht als Film, sondern mithilfe von 1500 Einzelaufnahmen, die er anschließend zu einer narrativen Bildfolge montierte.

Das Streben des Protagonisten (der sich an der Biografie Robert Schumanns orientiert), seiner Kreativität Herr zu werden, die Auseinandersetzung mit seiner Muse (oder Lebensgefährtin Clara), der Versuch, einem Schwein die Lebenssäfte zu rauben, um diese mittels eines Schlauchs einem Konzertflügel als Lebenselixier einzutrichtern – all das nimmt der Betrachter ohne Ton und ohne filmisches Kontinuum wahr. Gerade die Auswahl von nur 23 Fotografien, die jetzt in der GALERIE schwarz | weiss zu sehen sind, animiert den Besucher, das Narrative aufzunehmen, um daraus eine eigene Version des Bühnenstücks zu entwickeln. "Ich will komplexe physische und geistige Objekte fotografisch horizontal komprimieren und damit visuell erfahrbar machen", lautet der Kommentar des Künstlers zu seiner Vorgehensweise.

Im Mittelpunkt von Stephan Kaluzas großformatigen Ölbildern steht der Mensch. Der Maler porträtiert Tänzer in statischen Posen und gibt den Werken den Titel "Paar vor moderner Welt". Doch von Paaren ist zunächst nichts zu entdecken, weil der Wahldüsseldorfer die zweite Person im Bild bis zur vollkommenen Auflösung abstrahiert.

So entstehen Figuren, denen aus dem Rücken fremde Gliedmaßen zu wachsen scheinen. Schließlich rückt er den solcherart entfremdeten Gestalten mit einem Spachtel zu Leibe – zumindest der Farbe, mit der er sie gemalt hat. Solche extremen Verdichtungen stehen geometrischen Figuren und Farbmuster gegenüber, die als Parameter für die moderne Welt stehen.

In anderen aktuellen Projekten widmet sich Kaluza fotografisch der Landschaft. So hat er beispielsweise ein Rheinufer von der Quelle bis zur Mündung abfotografiert oder Schlachtfelder, unter anderem Waterloo, Verdun und auch Kalkriese, auf seine ganz persönliche Art porträtiert. Diese bisweilen kilometerlangen Fotosequenzen, die so entstanden, sind in der GALERIE schwarz | weiss allerdings nicht zu sehen. Einen Eindruck von diesen Landschaften kann man sich ab Freitag, 2. September, im Düsseldorfer Kai 10 – Raum für Kunst unter dem Titel "Felder" verschaffen.

 

GALERIE schwarz | weiss (Redlingerstr. 4): Fotografie und Ölmalerei von Stephan Kaluza. Bis 9. Oktober, Mo.–Fr. 10–18 Uhr, Sa. 10–14 Uhr, Infos unter www.galerie-schwarz-weiss.de

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