Sonja Koczula über ihre Malerei und Zeichnung

Zeichen – Spuren

bewusste Setzung von Form und Farbe und die darauf folgende intuitive Reaktion

Der Prozess meiner künstlerischen Auseinandersetzung begann mit einem intensiven Studium der menschlichen Figur (Aktzeichnung und Aktmalerei). Später setzte zunächst die Abstraktion der menschlichen Figur ein und besonders die Beschäftigung mit dem Verhältnis von Farbe, Figur und Raum. Darauf folgte schließlich die Suche nach eigenständigen, aussagekräftigen Zeichen und Formen.

 

Dies zog die Abwendung von der menschlichen Figur nach sich. Die Form, die, auch noch in der Abstraktion, menschliche Figur meint, existiert nun eigenständig, ohne eindeutig zu benennendes Bedeutungsäquivalent in der sogenannten sichtbaren Welt. Das Kunstwerk bildet nicht mehr ab – es bildet eine eigene Wirklichkeit.
Die entstehenden Zeichen und Formen lassen verschiedenste Assoziationen zu. So können beispielsweise Schriftzüge, Landschaften oder Figuren wahrgenommen werden.
Linie, Form und Farbe vermitteln Dynamik, Kraft und vor allem Bewegung. So sind es auch ganz direkt die Spuren und Zeichen meiner eigenen Mal-Bewegungen während des Arbeitsprozesses, die in den Bildern lesbar und thematisch werden.

 

Malmaterial ist immer selbstangemischte Ölfarbe. Die Arbeitsweise verläuft in Serien, das heißt, ich beginne den Malprozess an mindestens zwei Leinwänden gleichzeitig. Die Bildträger einer Serie haben jeweils die selben Maße: meist sind es annähernd quadratische Formate, die alle eine räumliche Tiefe von mehreren Zentimetern besitzen. Immer führt ein dominierender Farbton die Bilder einer Serie zusammen. Im Verlauf des Arbeitsprozesses geschieht jedoch eine Loslösung, so dass am Ende jedes Bild für sich stehen kann und unabhängig von den anderen existiert.

 

Zeichen und Raum werden während des Arbeitsprozesses gleichwertig behandelt und auch gleichzeitig bearbeitet. Der Entstehungsprozess des Bildes geschieht in Wechselwirkung zweier Extreme: der sehr bewussten Setzung von Form und Farbe und der darauf folgenden intuitiven Reaktion auf das auf dem Bildträger bisher Entstandene. In der Endphase wird nichts dem Zufall überlassen. Die letzte Auseinandersetzung erfährt das Bild durch Übermalungen mit Fettstift oder Öl bis eine optimale Komposition erreicht ist und der Arbeitsprozess abgeschlossen werden kann.

 

Die so geführte Auseinandersetzung zwischen mir und dem Bild wird zusätzlich unterstützt durch den besonderen Umgang mit dem Bildträger: die Leinwand (oder auch das Papier) steht während des Arbeitsprozesses nicht aufrecht an der Staffelei, sondern liegt flach auf dem Boden. Sie wird so zu einer zentralen Fläche, um die während des Malens gekreist wird, was die Bearbeitung des Bildes von allen Seiten möglich macht.

 

Mein gesamter Körper ist über diese Bewegung in die Bildentstehung mit einbezogen. Die im fertigen Werk noch sichtbare Entstehung des teils sehr lang andauernden Arbeitsprozesses zeugt so nicht nur von psychischer, sondern auch von physischer Auseinandersetzung.

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