Betrachter wird Teil der Bilder

Arsentij Pawlow stellt bis zum 14. November im Bad Essener Schafstall aus

Von Christa Bechtel in der Neue Osnabrücker Zeitung vom 3.10.2010

 

Bad Essen. Ist das nicht Napoleon? Nein, wohl eher nicht... Aber diese Zitronen, sie dominieren stark! Tatsächlich: Das Werk heißt auch "Zwei Zitronen". Solche oder ähnliche Gedanken werden den Besuchern durch den Kopf gehen, sobald sie den Bad Essener Schafstall betreten und dieser signifikanten Arbeit begegnen.

 

Auf Einladung des Kunst- und Museumskreises stellt dort Arsentij Pawlow aus Osnabrück etwa 30 seiner Werke mit Lithografie und Malerei aus. Titel: "Aut regem aut fatuum nasci oportere" (zum König oder zum Narren muss man geboren sein).

 

Waren es früher Stadtansichten, so stellt Pawlow seit geraumer Zeit Menschen in den Mittelpunkt. Warum? "Ich mag Menschen", sagt er spontan. Die stehen ihm entweder Modell, er fotografiert sie oder stellt Situationen nach. In seinem "Napoleon" Werk – übrigens ein Gaukler – sieht der russische Künstler eine Art Symbol für das Künstlerische in jedem Menschen. "Nicht nur in der bildenden Kunst, sondern jeder Mensch hat schöpferische oder zerstörerische Kraft", ist sich der 1983 in St. Petersburg geborene Maler sicher. Mit seiner Kunst möchte er in keine Schublade ,gesteckt‘ werden, sondern sieht sich im frühen Mittelalter angesiedelt.

 

"Es hat knapp zwei Jahre gedauert – von der Vorbereitung bis jetzt, dass diese Ausstellung geklappt hat", freute sich Andreas Arlinghaus-Deutschmann, der im Namen des Vorstandes des Kunst- und Museumskreises die Besucher zur Vernissage willkommen hieß.

 

"Ich kenne Arsentij nun schon ein paar Jahre und konnte seine künstlerische, wie ich finde, erstaunliche Entwicklung beobachten", sagte Toni Walz, der in die Ausstellung einführte und nicht nur kunstkritische Gespräche mit dem jungen Künstler führt, sondern: "Wir haben auch seit einem Jahr eine Ateliergemeinschaft", bekannte er. Die Motive der künstlerischen Arbeiten Pawlows seien in der jüngeren Vergangenheit zusehends fragmentarischer, leerer geworden; die klare Erzählstruktur früherer Bilder habe einen Destruktionsprozess durchgemacht, und auch seine künstlerische Technik habe sich verändert, so Walz. Materielle Eigenart und Motivik würden zu einer spannungsvollen Symbiose finden. Walz: "Bildteile werden auseinandergeschnitten, rücken voneinander weg und schaffen so einen Leerraum, einen Denkraum. Oder sie rücken zusammen, bis sie beginnen, einander zu überlagern oder finden sich hineincollagiert, hineingedruckt in einem völlig neuen Kontext wieder."

 

Arsentij Pawlow nehme Figuren, kontrastiere sie mit abstrakten Formen und verbinde die künstlerischen Ausdrucksformen Malerei und Grafik, hier der Lithografie in einem Bild. "Die Figuren in Pawlows Bildern verwickeln den Betrachter in eine Auseinandersetzung, ein zärtliches Augenspiel oder auch Schabernack, bevor Sie es merken", wandte Walz sich an die Zuhörerschaft. Der Betrachter nehme also an den Bildern teil, und sobald er sich auf diesen Blick einlasse, "ist er gefangen, er ist im Bilde, wird Teil dieser Bilder und ihrer Geschichten. Deren Dramatik ist die des Lebens", meinte der frühere Bauzeichner. Ein Schauspiel – komplex, tragisch oder komisch, manchmal ganz logisch, dann wieder unverständlich oder hintergründig. "Das Leben eben!"

 

Die Ausstellung dieses vielversprechenden Malers kann bis zum 14. November täglich (außer montags) von 15 bis 18 Uhr besucht werden; der Eintritt ist frei.

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